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Der IAKS Expertenkreis Bäder hat im Folgenden allgemeine Feststellungen betreffend der Covid-19 Pandemie zusammengetragen.

17.09.2020

Covid-19 Pandemie: Allgemeine Feststellungen für öffentliche Bäder

Öffentliche Bäder wurden im Rahmen der Covid-19 bedingten Schließungen in der Regel erst spät wieder geöffnet. Seitens der Behörden bestehen Bedenken aufgrund der hohen Besucherzahlen und des feucht-warmen Klimas.

Der IAKS Expertenkreis Bäder hat im Folgenden allgemeine Feststellungen betreffend der Covid-19 Pandemie zusammengetragen. Dabei beurteilt das Gremium die Faktoren „Abstands- und Hygieneregeln“, „Beckenwasser“, „Reinigung des Betriebes“ und „Lüftung“.

Sie befürworten den Betrieb von Bädern unter Berücksichtigung besonderer Schutzmaßnahmen und betonen die gesundheitsfördernde Wirkung von Schwimmbädern.

Allgemeine Covid-19 Regeln

Laut Virologen und Gesundheitsämtern soll jeder zwei Dinge tun, um sich zu schützen:

  1. Abstand halten / Social Distancing: Dies ist in Bädern aufgrund der Großräumigkeit, der professionellen Aufsicht und der Eingangskontrolle möglich.
  2. Hygieneregeln / Hände waschen: Bereits beim Eingang sollte jeder Gast die Hände desinfi-zieren. Einmal im Bad geschieht das Waschen der Hände durch Duschen und Baden ständig.

Badewasser

Die gesetzlichen Anforderungen unterscheiden sich zwischen den Ländern erheblich, gewährleisten aber in den meisten Ländern eine Desinfektion des Badewassers von sämtlichen Viren und Bakterien.

Die Wasserwerte werden in den meisten Bädern permanent automatisch gemessen. Zusätzlich werden diese 2-3 Mal am Tag per Hand gemessen. Eine Ansteckung über das Wasser kann so vermieden werden. Das deutsche Umweltbundesamt hat dies bestätigt und hält in einer Stellungnahme vom 12.03.2020 fest, dass Coronaviren „durch Desinfektionsverfahren leichter zu inaktivieren sind wie Noroviren oder Adenoviren.“

Reinigung

Generell haben Bäder im Vergleich zu anderen Branchen einen hohen Hygienestandard. Sie werden jede Nacht vollständig grundgereinigt und desinfiziert. Zudem können die Reinigungszyklen während des Tages und die laufende Desinfektion der Griffflächen (Türgriffe, Handläufe etc.) verkürzt werden.

Lüftung

  • In einem NDR-Podcast nimmt der deutsche Virologe Prof. Dr. Christian Drosten Stellung zu den Ansteckungen beim Coronavirus.
    Drosten: «Nach meiner Einschätzung entsteht die Hälfte der Coronavirus-Übertragungen durch Tröpfcheninfektion, fast die andere Hälfte passiert durch Aerosole. Vielleicht 10 Prozent geschieht durch Schmierinfektion.» (Quelle: www.srf.ch/news/schweiz/corona-in-der-luft-warum-gastronomen-auf-durchzug-schalten-sollten )
    Viren vermehren sich nur im lebenden Objekt, nicht auf Flächen. Dies im Gegensatz zu Bakte-rien, die sich auch auf feuchten und warmen Flächen vermehren. Dies bedeutet, dass die An-steckung mit Covid-19 vor allem über die Luft geschieht.
  • Der Physiker Prof. Dr. Roland Netz, Dekan des Fachbereichs Physik an der Freien Universität Berlin hat sich mit der Lebensdauer von virenhaltigen Tropfen beschäftigt. Etwa ein Prozent des Speichels seien gelöste Stoffe wie Viren, sagt er. Wenn der Wasseranteil in den Tropfen verdunstet, werden sie kleiner und die übrig bleibenden Teilchen können länger in der Luft umherschwirren. (…) «Wichtig ist die relative Luftfeuchtigkeit.» Diese sollte, wenn sie regu-liert werden kann, nicht zu niedrig werden. Dann schrumpften die Tropfen nicht so schnell, und schwerere Tropfen sinken eher zu Boden. «Ausserdem trocknen sonst die Schleimhäute aus und werden anfälliger für Viren.»
    (Quelle: www.srf.ch/news/schweiz/corona-in-der-luft-warum-gastronomen-auf-durchzug-schalten-sollten )
  • Prof. Dr. Thomas Pietschmann ist molekularer Virologe und forscht am Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, genannt Twincore, in Hannover: "Viren haben bei niedrigen Temperaturen eine höhere Stabilität. Ähnlich wie Lebensmittel, die im Kühlschrank am längsten haltbar sind." Je wärmer es wird, desto schwieriger sind die Bedingungen für viele Viren. "Das Coronavirus ist von einer Lipidschicht, also einer Fettschicht, umgeben", sagt Pietschmann. Diese sei nicht besonders hitzebeständig, sodass das Virus bei steigenden Temperaturen schnell kaputtgehe. "Andere Viren, wie das Norovirus sind wesentlicher stabiler, weil sie vor allem aus Eiweißen und Erbgut bestehen."
    Die Luftfeuchtigkeit hat ebenfalls großen Einfluss auf die Übertragbarkeit respiratorischer Viren. Sind die Erreger erstmal mit einem kräftigen Nieser aus den Atemwegen nach draußen befördert worden, hängen sie förmlich in der Luft. "An kalten und meist trockenen Wintertagen schweben die kleinen Tröpfchen mitsamt den Viren länger in der Luft, als bei hoher Luftfeuchtigkeit", sagt Pietschmann. (Quelle: www.dw.com/de/hei%C3%9F-kalt-feucht-was-viren-zum-%C3%BCberleben-brauchen/a-52542124 )
    In Deutschland gab es mehrfach Infektionsherde in Schlachthäusern, die ein kühles Klima aufweisen und deren Klimaanlagen offenbar mit einem hohen Anteil Umluft betrieben werden (vgl. hierzu im Unterschied Case Study „Tropical Islands“ weiter unten).
  • Öffentliche Hallenbäder haben in der Regel leistungsfähige Lüftungsanlagen mit langen Wegen vom und zum Lüftungsgerät. Der Luftaustausch der gesamten Badehalle erfolgt in vielen Bädern 5 – 6 Mal pro Stunde, also in 10 - 12 Minuten. Die Luft wird vielerorts auch auf 30 - 32°C und 55% relative Luftfeuchtigkeit geregelt.
    Prof.Dr. Pietschmann hierzu: „Eine hohe Luftwechselrate ist sicher gut, um ggf. Viren die abgegeben wurden zu eliminieren bzw. zu verdünnen.“ Es sollten deshalb Lüftungsanlagen (bis auf die Schwimmhalle in kälteren Monaten) mit 100% Aussenluftanteil ohne Umluft betrieben werden. Eine Rezirkulation von Viren oder Keimen über die Lüftungsanlagen kann dadurch ausgeschlossen werden.

Gesundheitlicher Nutzen und Freizeitverhalten

Ein Badbesuch hat einen gesundheitsfördernden Effekt und stärkt das Immunsystem. Viele Gäste haben sich während der Schliesszeit bei den Bädern gemeldet, dass Sie auf eine Öffnung warten, weil sie die Bäder für ihre Gesundheit brauchen. Das fehlende Badangebot hat auch zu gesundheitlichen Kollateralschäden geführt.

Internationale Ferienreisen sind in 2020 nicht oder nur in geringem Masse möglich. Dies wird zu einem verstärkten Inlandtourismus oder Vor-Ort-Tourismus (Urlaub zu Hause) führen. Bäder können hier ein sinnvolles und sicheres Angebot sein. Wenn die Menschen keine Attraktionen / Aktivitäten in kontrolliertem Umfeld haben, werden sie ihre Freizeit an unkontrollierten Punkten verbringen.

Verhältnismäßigkeit

Es ist der Vergleich zu anderen Einrichtungen anzustellen, die bereits geöffnet sind. Was sind die konkreten Gründe, die ein öffentliches Bad schlechter machen als ein Einkaufszentrum oder ein Möbelhaus?

Ein Bad ist wesentlich besser gerüstet für die Corona Vorsorge als z.B. Einkaufsläden oder allgemein öffentlich zugängliche Gebäude. Bei Reinigung und Desinfektion bestehen ein hoher Standard (nächtliche Reinigung und Desinfektion der gesamten Anlage sowie permanente Tagesreinigung) und ein enger Rhythmus. Die Lüftungsanlagen haben einen höheren Standard. Die Badehallen und Anlagen werden ständig durch professionelles Personal beaufsichtigt. Die Anzahl Besucher wird über das Kassensystem automatisch kontrolliert.

Eine Ansteckung über das Badewasser ist bei einer leistungsfähigen Wasseraufbereitung auszuschliessen.

Das Ziel der Lockdowns war, die Kurve des Infektionsgeschehens abzuflachen und die Spitäler nicht zu überlasten. In vielen Regionen ist das gelungen. Es ist die Verantwortung des Staates / der Exekutive, die Verhältnismässigkeit einer Covid-19 Massnahme abzuschätzen, zu überprüfen und diese laufend den Umständen anzupassen.

Deshalb muss betreffend Verhältnismässigkeit die Frage gestellt werden: Ist eine weitere Schliessung der Bäder noch geeignet, erforderlich und angemessen, um die Überlastung des Gesundheitssystems und ein übermässiges Infektionsrisiko zu verhindern? Wenn diese Frage mit Nein beantwortet werden muss, verletzt die Anordnung der Schliessung die Grundrechte auf Gewerbefreiheit, Bewegungsfreiheit und Gesundheit (z.B. von Personen, denen ein Badbesuch gesundheitlich gut tut, oder von Angestellten, die aufgrund der Schliessung psychisch sehr belastet sind). Eine unverhältnismässige Anordnung kann zu einer Haftung für Schäden führen.

Case Study „Tropical Islands“ in Deutschland von Anfang März 2020

Ein Gast war infiziert, danach wurden 104 Mitarbeiter getestet und alle negativ.

Laut Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher hatten sich die Behörden unmittelbar nach Bekanntwerden der Ereignisse mit dem Virologen der Berliner Charité, Christian Drosten, in Verbindung gesetzt. Er habe erklärt, dass die Badehalle vom Luftvolumen, von der Luftzirkulation und der Außentemperatur her vergleichbar mit einem Freibad im Sommer sei.
(Quelle: www.rbb24.de/panorama/thema/2020/coronavirus/beitraege/tropical-islands-corona-tests-mitarbeiter-ergebnisse.html )

Christian Drosten habe erklärt, dass es aufgrund des Luftvolumens und der Luftzirkulation in seinen Augen „unmöglich“ sei, dass dort noch „vermehrungsfähige Viren vorhanden sein könnten“.
(Quelle: www.welt.de/vermischtes/article206196549/Coronavirus-Patient-in-Tropical-Islands-91-Mitarbeiter-getestet.html )

Empfohlene Einschränkungen des Betriebs

  • Gäste und Mitarbeiter mit Infektionssymptomen haben keinen Zutritt zum Bad
  • Beschränkung der Besucherzahl. Hier gibt es unterschiedliche, länderspezifische Vorgaben. Zum Beispiel kann die Anzahl gleichzeitig anwesender Gäste auf maximal 2/3 der vorhandenen Garderobenschränke beschränkt werden.
  • In Badebecken und Saunakabinen wird die maximale Personenzahl limitiert.
  • Bei Sauna-Aufgüssen wird die Luft nicht verwedelt.
  • Dampfbäder, Sole-Inhalation und Caldarium (Lauwarm-Räume) sollten geschlossen bleiben. Aufgrund der geringeren Temperaturen als in einer finnischen Sauna mit 80 Grad Celsius sind sich die Experten uneinig, ob die Viren ausreichend schnell abgetötet werden.

Autor: Dr. Stefan Kannewischer, IAKS Präsident

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